Samstag, 11.10.2014 – hardest wettkampf ever

Samstag, 11.10.2014 – hardest wettkampf ever

Meine Fressse

Heute durfte ich mal erfahren, was passiert, wenn unzureichende Vorbereitung und harte Bedingungen aufeinander treffen: Verlierer ist immer der mit der unzureichenden Vorbereitung. :rolleyes:

OK, beim Schwimmen hatte ich ja schon das ein oder andere Mal anklingen lassen, dass ich nicht glaube, dass meine Schwimmbemühungen in irgendeiner Form fruchten.
Dabei ging eigentlich alles ganz gut los: dadurch, dass es vier Startgruppen gab (Profis Männer, Profis Frauen, Agegrouper Männer, Agegrouper Frauen), blieb das Hauen und Stechen beim Start komplett aus (zumindest für mich, der sich gleich mal zehn Meter hinter der Startlinie eingefunden hat). Danach dachte ich eigentlich, dass ich auf einem ganz guten Weg bin, denn den ein oder anderen Mitschwimmer konnte ich hinter mir lassen.
Nun ist der Kurs an Einfachheit ja nicht zu überbieten: geradeaus, bis irgendwann so ein Ausflugsdampfer kommt, dann um den rum und wieder zurück. Beim Ausflugsdampfer müsste von daher, der Logik entsprechend, Halbzeit sein.
Hab dann nicht schlecht gestaunt, als meine Uhr 39 Minuten anzeigt.
OK, sind einige Wellen gewesen und vielleicht haben die mich langsamer gemacht? Falls dem so ist, müssten sie mich ja auf dem Rückweg schneller machen. Noch ist also nix verloren. Dachte ich.
So fünf bis sechshundert Meter vor dem Ziel ziehen aber alle, mit denen ich die letzten Hunderte Meter geschwommen bin, vondannen. Haben die irgendeinen Jetstream gefunden, der mir verborgen blieb?
Als ich wieder festen Boden unter den Füßen habe, zeigt meine Uhr 1:19:xx an. Das war nix mit Wellen von hinten.

Naja, drauf geschissen. Jetzt kommt ja meine Paradedisziplin, das Radfahren. Nur fühle ich mich so gar nicht wohl auf dem Rad und werde auf den ersten dreißig Kilometern so derart gedemütigt, dass ich schon keine Lust mehr habe und am liebstn aufhören würde.
Schuld sind ein paar Frauen, die so locker an mir vorbeifahren, wie ich es noch nie erlebt habe. Also auch so, dass ich nicht mal was dagegen halten konnte. Wo ich mich sonst immer gerühmt habe, schnellste Frau zu sein, habe ich heute gegen die Mädels keine Chance
Und dabei hatte ich bis km 30 noch eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 36 km/h.
Das änderte sich aber danach schlagartig, denn jetzt kam Wind auf und der kam zunächst direkt von vorne. Das Tempo verringerte sich von 35-40 km/h auf 20-25 km/h.
Ich wollte Wind und ich bekam ihn. :rolleyes:
Da der Kurs ja nicht schnurgeradeaus führt, sondern entlang der Küstenlinie, kam er irgendwann auch mal von der Seite und war so heftig, dass ich das mit dem Auflieger fahren vergessen konnte. Einen Spanier hat es komplett zerlegt, weil ihn eine Böe erwischt hat.
Ich habe mir nichts sehnlicher herbeigewünscht als den Wendepunkt in Hawi, um von dort aus endlich mit Rückenwind zurück nach Kailuna zu fahren. Mein ursprüngliches Ziel, eine 5 bis 5:15 zu fahren, hatte ich da schon komplett abgehakt.
In Hawi angekommen, dann das komplette Gegenteil. Statt mit 20-25 km/h ging es mit 50 Sachen zurück – zumindest solange der Wind von hinten kam (s.o.)
Was ich erstaunlich fand war, wie lange einem noch Radfahrer entgegen kamen. Wendepunkt in Hawi war bei km 95.
Der letzte Radfahrer kam mir entgegen, als ich 134km auf der Uhr hatte. Also hatte ich auf den letzten Radfahrer schon 78 km Vorsprung. Und das nach relativ kurzer Wettkampfdauer.
Überhaupt das Teilnehmerfeld: man sah schon ziemlich genau, wer seine Teilnahme durch die Lotterie oder dieses Programm bekommen hatte, wonach man 12 Ironman mitgemacht hat und dann ein Anrecht auf einen Start in Kona bekommt. Die sahen nämlich kein bisschen sportlich aus, sondern benötigten das Oberrohr eher dazu, dort ihren Bierbauch abzulegen.
Aber egal – ich schweife ab….
Überflüssig zu erwähnen, dass der Wind irgendwann drehte und wieder von vorn kam.
Im Ziel habe ich später mit einer Teilnehmerin aus L.A. gesprochen, die dieses Jahr zum zwölften! Mal auf Hawaii war. Sie sagte, es hätte in den elf Jahren zuvor nie einen solchen Wind gegeben. Also windig wäre es schon öfter gewesen, aber nicht so, dass er direkt von vorne kommt und dann auch noch dreht, so dass man auf der Rückfahrt das gleiche Spiel hat.
Das versöhnt mich natürlich ein wenig, aber trotzdem war meine Radperformance ziemlich mies.
5:35 zeigt der Garmin am Ende an.
Arne hatte bei Triathlon-Szene irgendwann vor Jahren mal geschrieben, dass sein Rad schon von allein einen 30er Schnitt fahren würde und genau das hatte ich bei meinen Rädern auch immer angenommen. Wie man sich täuschen kann….

Jetzt kam die gaaaanz große Unbekannte: das Laufen. Zunächst geht es ellenlang den Alii Drive runter bis zum Wendepunkt, dann wieder hoch bis zur Hualalai Road und über den Kuakini Highway die Palani Road hoch.
Geschmeidig war das nicht. Was ich total faszinierend fand war, dass sich mein Zustand quasi minütlich änderte. Fühlte ich mich gerade noch sauwohl und dachte, so kann ich jetzt ewig weiterlaufen, war es im nächsten Moment komplett anders und ich dachte, ich komme keinen Schritt mehr weiter. Das hielt dann auch wieder ca. fünf Minuten an, bis ich wieder das Gefühl hatte, alles in Butter – jetzt gehts hier richtig los. Was nicht so ganz zum letztgenannten Gefühl passte war die Tatsache, dass ich permanent überholt wurde. Ich selbst habe eigentlich nur solche überholt, die Gehpausen gemacht haben.
Das ein oder andere mal habe ich auch überlegt, einfach mal eine Runde zu gehen. Glücklicherweise gab es nach jeder Meile eine Verpflegungsstation, die ich jedesmal komplett gehend abgeklappert habe: Schwämme und Wasser, um zu kühlen, Cola um Zucker zu haben und wieder Wasser zum nachspülen. Diese Prozedur hat sich an jeder Verpflegungsstelle wiederholt – bis auf die letzte. Da wollte ich nix mehr zu mir nehmen. Puh, ich hab auf den 42 km bestimmt fünf Liter Cola getrunken.

Als es ins Natural Energy Lab ging, hatte der Hawaiianische Wettergott offenbar ein Einsehen mit uns. Statt der üblichen 40 Grad im Schatten, hat es angefangen zu regnen – und zwar richtig heftig. Das war eine echte Wohltat.
Wieder auf dem Weg zurück zum Ziel, läuft man ja auf dem Highway, auf dem auch die Radstrecke verläuft. Ich hatte da schon ca. 33 km vom Marathon auf der Uhr, als mich der letzte Radfahrer überholt. Da zu dem Zeitpunkt auch schon mehr als zehn Stunden seit dem Start vergangen sind, dürfte es für ihn schwierig werden, noch auf die Laufstrecke gelassen zu werden.

Ich bin ja von meiner angestrebten Zeit mittlerweile auch recht weit entfernt, will aber wenigstens noch mein Minimalziel „Daylight Finisher“ erreichen. Bin mir nicht sicher, ob ich die elf Stunden noch unterbieten kann (eher nicht), aber da wir um 6:50 Uhr gestartet sind und die Sonne kurz nach sechs untergeht, besteht noch Hoffnung.
Das ständige auf und ab ist echt die Hölle. Bergab bin ich zwar sauschnell (also relativ sauschnell ), aber bergauf hätte man mir beim Laufen auch die Schuhe neu besohlen können.

Naja, jeder Schritt – auch wenn er langsam kommt und klein ist – bringt einen irgendwann ans Ziel. Und so hab ich es dann auch geschafft, dort anzukommen. Bei 11 Stunden und 40 Sekunden bleibt die Uhr stehen und ich bin echt froh, diese Tortour überstanden zu haben.

Was bleibt ist natürlich der Stolz, es bis an die Startlinie geschafft zu haben. Der Stolz, es auch ins Ziel geschafft zu haben, die mentale Herausforderung gemeistert zu haben, obwohl ich ab km 30 auf dem Rad eigentlich keinen Bock mehr auf das Rennen hatte.
Was mir ans Herzen gewachsen ist, sind die Amis in ihrer unvergleichlichen Art. Du kommst wirklich mit jedem ins Gespräch. Sie kommen zum helfen oder zuschauen aus den verschiedensten Bundesstaaten. Ich bin morgens mit einem Pärchen aus Honolulu zusammen zum Start gegangen, die nur zum Zuschauen hier rübergeflogen kamen. Sie kannten nicht einen einzigen Teilnehmer. Jochen erzählte mir, dass die Dame, die mit ihm das Startunterlagen-Prozedere durchgegangen ist aus Ohio kommt und sich extra Urlaub genommen hat, um hier mitzuhelfen.
Uns mag ihr Auftreten an der Strecke bisweilen hysterisch vorkommen, aber die Stimmung bei den Rennen hier ist einfach gigantisch. An den Verpflegungsstellen dröhnen dir die Bässe aus den Lautsprechern entgegen und alle tanzen und geben dir das Gefühl, dass sie jetzt nur für dich da sind.
Sie mögen oberflächlich sein, aber ich will hier ja keine Freundschaften auf Dauer schließen, sondern diese Begeisterung aufsaugen.
Von daher war dieser Wettkampf sportlich vielleicht eine ganz kleine Enttäuschung, aber im ganzen betrachtet ein geiles Event.

Ich denke, ich werde nochmal wiederkommen.

6 Gedanken zu „Samstag, 11.10.2014 – hardest wettkampf ever

  1. Das kannst Du wohl sein! Glückwunsch und guten Heimflug.
    Habe Ben vorhin die Distanzen erklärt, also dass Du mit dem Fahrrad zu Oma nach Karlsruhe und danach nochmal zu Fuß von zu Hause nach Darmstadt unterwegs warst.
    Das fand er schon so lustig, dass ich die knapp 80 Bahnen Schwimmen erstmal weggelassen habe

  2. Glückwunsch Du coole Sau!
    und jetzt hör auf mit dem Fishing for Compliments.
    Den Marathon in emu4 schaffen 50% der Helden bei Frankfurt Marathon nicht – ohne schwimmen und radfahren 🙂

  3. Stell mal Dein Licht nicht so unter den Scheffel! Das war eine Weltmeisterschaft mit den weltbesten Langdistanzlern und kein Kirmestriathlon. Deine Finisherzeit ist hammerstark, vor allem unter den harten Bedingungen. Ich beneide Dich, dass Du in Hawaii starten und finishen konntest.
    Meinen Respekt und Glückwunsch hast Du!
    … Und jetzt geh und mach ein Faß auf :mrgreen:

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