Freitag, 11.10.2019 – nervös?

Freitag, 11.10.2019 – nervös?

Soll: Vorbelastung Rad 45 Minuten

Ist: Gestern abend hatte ich mich noch mit Udo und Thomas für heute früh um acht Uhr zum Radfahren verabredet. Udo will 20km fahren, ich soll 45 Minuten fahren und Thomas soll vermutlich einfach nur sauschnell fahren – jedenfalls kam es dann so.
Wir fahren also auf den Highway und fahren Richtung Flughafen. Eigentlich hatte ich ja gedacht, dass das ne gemütliche Ausfahrt wird, aber mein Blick auf den Tacho zeigt Geschwindigkeiten jenseits der 40km/h und Leistungswerte jenseits der 280 Watt an. Und da ist Thomas derjenige, der das Tempo macht.
Irgendwann meint dann auch er, dass wir weit genug gefahren sind und so machen wir noch ein Gruppenfoto von uns in der Lavawüste.

Zwei durchtrainierte Typen – und ich…

Meine Hoffnung, dass es auf dem Rückweg etwas gemütlicher zugehen könnte, ersticken schon nach wenigen Metern. Ich werfe meinen letzten sportlichen Stolz über Bord und hänge mich in Thomas‘ Windschatten, als nach wenigen Kilometern erst ein komisches Pfeifgeräusch und dann ein Rattern vom Hinterrad klar macht, dass sich gerade sämtliche Luft aus meinem erst gestern erstandenen Conti Gator Skin verflüchtigt hat.

Na toll. Hat er also ganze 25 Kilometer gehalten. Macht dann mit Montage ca. 5$/km.
Da wir noch eine ganze Ecke weg sind von der Zivilisation, der einzige mit Mobiltelefon Thomas ist, der aber davon nix mitbekommen hat, weil er gerade mit Warp-Geschwindigkeit den Highway runtergedonnert ist, bleibt nur, auf dem platten Reifen langsam bis nach Kona zum Radladen zu rollen.
Währenddessen überlegen wir, was man denn macht, wenn sowas im Rennen passiert. Ich fahre auf plattem Reifen mit einer Geschwindigkeit von ca. 20km/h. Bei 180 Kilometern würde das eine Radzeit von neun Stunden bedeuten. Wie wir gestern gelernt haben, wäre man damit immer noch innerhalb der Cut-Off Zeit. Vermutlich würde ich dann zusammen mit dem ältesten Teilnehmer, einem 86-jährigen Japaner fahren. Bei 17 Stunden, die man insgesamt hätte, würde ich theoretisch sogar noch in die Wertung kommen. Zumindest wäre ich zum abschließenden Marathon recht ausgeruht. Und wer sagt denn, dass ich die Radpanne schon gleich zu Anfang habe? Vielleicht muss ich ja auch nur 150km auf dem platten Reifen fahren?
Wie auch immer: die Überlegungen haben mir gezeigt, dass ich das Radfahren schon irgendwie beenden werde – es sei denn, die ganze Fuhre bricht unter mir zusammen.

Im Radladen angekommen, ist sogar noch mehr los als gestern. Ich erstehe erneut einen Continental Gator Skin, muss ihnen aber die Zahlung schuldig bleiben, weil ich keine Kreditkarte dabei habe. Der Typ notiert sich meinen Namen und meine Startnummer (die klebt ja bereits am Rahmen und am Helm) und erklärt mir noch, sie wüssten ja, wo sie mich finden würden….

Damit verlasse ich den Laden wieder und radle langsam zurück zum Hotel.

In dem Radladen hat man mir leider keine Dichtmilch in den Reifen gefüllt. Ich habe auch keine Ahnung, was das auf englisch heißt. Da ich aber welche von zu Hause mitgebracht habe, fülle ich die jetzt in den neuen Reifen ein.
Das anschließende Aufpumpen hat sich als ziemlich schwierig erwiesen, da das Ventil bei den Conti Reifen kürzer ist und nur noch ein kleines Stück aus der Felge rausragt. Zu wenig für meine Handpumpe. Am nächstgelegenen Hotel gibt es aber zum Glück eine Standpumpe und dort habe ich wieder so viel Luft auf den Reifen gemacht, dass ich mit dem Rad zumindest bis zum Check-In am Pier fahren kann.

Da werde ich dann auch gleich hinfahren. Meine Sachen sind soweit gepackt und ich denke, ich weiß wie ich es morgen machen werde. Da ich mich mit beiden Einteilern die ich dabei habe, beim Schwimmen immer am Hals oder Hals/Ohr wund scheuere, werde ich morgen in einer Triathlonhose und freiem Oberkörper schwimmen. Wo kein Stoff ist, kann auch nix scheuern. In der ersten Wechselzone werde ich mir ein Radtrikot mit langem Reißverschluss anziehen. Ich muss das also quasi nur wie eine Jacke anziehen und den Reißverschluss zumachen. Hab das heute nach dem Duschen mit nasser Haut probiert und es hat ganz gut funktioniert. Hoffentlich ist das morgen in der Aufregung auch noch so. Dass beide Klamotten schwarz sind, ist zwar nicht ganz so ideal, aber immer noch besser als wund gescheuert zu sein.
Wenn ich heute Nacht doch noch zu der Überzeugung kommen sollte, dass die Idee doof ist, kann ich mir ja morgen früh was anderes anziehen und lasse das Radtrikot einfach im Wechselbeutel.

Und sonst? Ich kann nicht behaupten, dass ich sonderlich aufgeregt bin. Natürlich geht mir der Wettkampf öfter durch den Kopf. Angefangen beim Schwimmen, wo ich 3800 Meter im Meer schon als ziemlich herausfordernd und ätzend betrachte.
Beim Rad habe ich am meisten Angst davor, wegen eines Defekts nicht ins Ziel zu kommen. Ich hab mir jetzt noch einen Ersatzschlauchreifen auf das Oberrohr geschnallt und zwei CO2 Patronen eingepackt. Wenn Rad kaputt, dann Rennende. Also hoffe ich, dass ich gut durchkomme.
Naja und das Laufen… Das ist jetzt mein zwölfter Ironman. Bis auf Elba (der schwarze Fleck) habe ich alle gefinisht. Mal war ich besser vorbereitet, mal schlechter. Spaziergänge waren alle nicht, aber alle zusammen haben mir gezeigt, dass man ins Ziel kommt, wenn man nur will. Und ich will ins Ziel kommen.

Deshalb bin ich hier.

Nachtrag um 19:15 Uhr Ortszeit
Draußend regnet es schon seit Stunden und ich komme mir vor wie im Regenwald. Das mit dem Regen soll laut Wetterbericht auch noch eine Weile weitergehen, aber dann gegen Morgen zu einem Ende kommen. Ich habe nach langem Überlegen mit mir ausgemacht, gegen vier Uhr aufzustehen. Wie ich zum Pier komme, weiß ich noch nicht so genau. Eigentlich gibt es einen Shuttlebus, der den Alii Drive runter fährt. Meine Befürchtung ist nur, dass der schon ganz schön voll sein könnte, bis er erst mal bei mir ist. Also vielleicht laufen? Mit Flipflops zwei Kilometer latschen ist jetzt auch nicht so richtig ideal. Sonst hätte ich nur noch richtig festes Schuhwerk. Machts das besser?
Ich warte einfach den ersten Bus ab. Dann werde ich sehen, ob sie wie die Ölsardinen eingequetscht sind.
Windig soll es morgen kaum werden. Wetterbericht meint, dass der Wind morgens aus Südost kommt (also Rückenwind) und dann auf Südwest dreht (also Gegenwind schräg von vorn auf dem Rückweg). Die Windgeschwindigkeit fällt mit 9 mph aber moderat aus.
Dazu soll es teilweise bewölkt sein mit Temperaturen um die 32 Grad.

Hört sich irgendwie alles machbar an.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.